Warum Elektronik-Fachmärkte ihre Kunden verlieren


Es gab mal Zeiten, in denen man sich stationär im Elektronik-Fachmarkt wirklich gut beraten lassen konnte.

Was, daran können Sie sich nicht erinnern? Zugegeben, es ist schon etwas her. Im zeitlichen Maßstab von Technikgütern schon  mehrere Generationen. Es gab aber mal diese Zeit in der ich in den Laden gegangen bin, schnell einen kompetenten Verkäufer gefunden habe, meinen Produktwunsch geäußert habe, und mit ein paar gezielten Rückfragen drei Produkte zur Auswahl gezeigt bekam mit einer überzeugenden Produktempfehlung und guten Argumenten. Auch “damals” gab es schon das Internet, auch “damals” hatte ich mich vorher informiert und war z.T. ob der riesigen Auswahl im Internet  erschlagen und ging daher in den Laden, um die Meinung eines Experten zu suchen. “Damals” habe ich das empfohlene Produkt direkt im Laden gekauft, nachdem der Verkäufer mir den günstigsten Internetpreis aktiv angeboten hatte.

Als guter Kunde, der in der Vergangenheit auch wirklich gut beraten wurde, erinnert man sich durchaus an diese positiven Erlebnisse und geht auch -immer mal – wieder in das Ladengeschäft. Aber was man dann erlebt, ist leider weit entfernt von einem positiven Kundenerlebnis:

  • Der Fachberater ist meistens nicht zu finden oder im Gespräch – also wartet man.
  • Der Berater, den man dann zu fassen kriegt, kennt sich (nach ein paar Rückfragen) meistens in dem Bereich doch nicht genug aus und verweist an den “Experten”, auf den man dann nochmal warten muss.
  • Der Kunde durch das Internet bereits besser informiert als der genannte Experte.
  • Stationär wird nur ein Teil des gefragten Sortimentes geführt. Die Produkte, die einen interessieren, findet man nur zum Teil vor Ort. Das Wissen des “Experten” beschränkt sich auf die vorhandenen Produkte. Marktkenntnisse sucht man vergebens.
  • Ausprobieren kann man fast nichts mehr richtig.

Weswegen geht ein Kunde heute überhaupt in einen Elektronikfachmarkt?

  1. Dringender Bedarf – man möchte etwas gleich aussuchen und mitnehmen
  2. Suche nach Beratung
  3. Ausprobieren & “Anfassen”
  4. “Stöbern”

Und welche dieser Bedürfnisse wird heute noch erfüllt?

Dringender Bedarf: Wenn man wirklich etwas dringend und direkt kaufen will, muss man sich mit dem zufrieden geben, was der jeweilige Fachmarkt gerade anbietet. Sicher, das war schon immer so. Gefühlt ist der Sortimentsumfang allerdings im Fachmarkt eher kleiner geworden und entspricht (zumindest bei mir) nicht der Auswahl, die ich gerne vergleichen möchte. Da auch kein Berater mich davon inhaltlich überzeugen kann, wieso das die bessere Wahl für mich ist, müsste ich hier erhebliche Abstriche machen, wenn ich direkt kaufen wollte. Da die Lieferzeiten im Internet immer schneller werden, entfällt hier zusehends der Vorteil für den stationären Handel.

Kompetente Beratung – das, was für mich den Elektronikfachmarkt der Vergangenheit ausgezeichnet hatte -, finde ich heute dort nicht mehr. Ausprobieren kann man heute selbst die Produkte, die vor Ort verkauft werden, nicht mehr. Jüngstes Beispiel: Action Kameras. Im Fachhandel leider nicht auszuprobieren, da sie nicht in der Lage sind den Anschluss mit einem PC zum Testen zur Verfügung zu stellen. Selbst das Verkaufspersonal kann damit die Geräte nicht ausprobieren! Gerade hier müsste der stationäre Einzelhandel punkten. Tut es aber nicht. Im Gegenteil: Damit verjagt man den Kunden aus dem Laden direkt ins Internet.

Bei der beschränkten Auswahl im Laden, ist ein “stöbern” leider eine sehr unzureichende Marktsicht. Und wenn die Kompetenz des Verkaufspersonals nicht überzeugt, vertraut man auch nicht der Produktauswahl des Fachmarktes.

 

Und was bedeutet das für die Zukunft? Wenn der stationäre Markt sich gegenüber dem e-commerce behaupten will, wird das nur über Kompetenz in der Sortimentsauswahl und Beratung funktionieren. Der Stationärladen als Showroom mit Expertenwissen, zum Testen und Vergleichen. Kommt einem bekannt vor? Richtig, der Kunde kennt das aus den Apple-Stores. Zwar ist ein Flagship-Store vielleicht ein schlechter Vergleich aus Sicht eines Fachmarktes, aber aus Kundensicht werden dadurch Maßstäbe neu definiert. Und letztlich zählt die Meinung des Kunden.

Nur so ist ein Nebeneinander von Online und Stationär sinnvoll. Ansonsten hat der Elektronikfachmarkt – genauso wie ein Warenhaus oder die gute alte LP – bald ausgedient.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert